Morgen Freitag um exakt 03:03 Uhr in der Nacht ist astronomisch Herbstanfang. Oftmals gibt es in der letzten Septemberdekade eine Schönwetterphase, die auch als Altweibersommer bezeichnet wird - ein sogenannter Witterungsregelfall oder eine meteorologische Singularität. Was hat es mit dem Altweibersommer auf sich und woher stammt der Name? Und wie sieht es 2022 mit dem Altweibersommer aus?
Was versteht man unter Altweibersommer?
Beim Altweibersommer handelt sich um eine Phase mit stabiler und warmer Witterung im Herbst, oft zwischen Ende September und Mitte Oktober. Diese ist durch ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet gekennzeichnet, das trockene kontinentale Luft nach Mitteleuropa einströmen lässt. Das trockene Wetter erlaubt eine gute Fernsicht und somit tolles Bergwetter, intensiviert den Laubfall und die Laubverfärbung.

Abb. 1: Charakteristisch für den Altweibersommer: Gute Fernsicht in den Bergen...

Abb. 2: ... und fortschreitende Herbstverfärbung (Lärchen im Engadin)
Typisch für diese Zeit sind auch feine Spinnfäden an Sträuchern, Bäumen und Gräsern, wovon der Name abgeleitet sein dürfte (siehe weiter unten). Der Altweibersommer tritt meist ab Ende September, also etwa unserem kalendarischen Herbstbeginn, der ja morgen Freitag um 03:03 Uhr in der Nacht erfolgt, auf. Dies dann sehr regelmässig: Statistisch hält er in fünf von sechs Jahren bei uns Einzug. Als grosses Finale der Natur, das es zu geniessen gilt, sagt man augenzwinkernd über ihn: Er ist der einzige Sommer, auf den wirklich Verlass ist! Meteorologen nennen den Altweibersommer auch einen Witterungsregelfall oder eine meteorologische Singularität. Damit sind Wetterlagen gemeint, die zu bestimmten Zeitabschnitten im Jahr mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auftreten, wie beispielsweise auch die Eisheiligen, die Schafskälte oder das Weihnachtstauwetter. Einmal eingetreten, kann die herbstliche Schönwetterperiode bis Ende Oktober anhalten, wobei man aber im Oktober auch von "goldenem Oktober" oder "Indian Summer" spricht.

Abb. 3: Indian Summer mit herrlicher Herbstverfärbung
Die Begriffe Altweibersommer und goldener Oktober sind dabei nicht so genau abgegrenzt und verwischen sich. Während das Thermometer während des Altweibersommers tagsüber die 20-Grad-Marke schon mal erreichen kann, kühlt es in den Nächten aufgrund des wolkenlosen Himmels stark ab – erste Bodenfröste sind keine Seltenheit.
Und wie sieht es dieses Jahr mit dem Altweibersommer aus?
Das in den letzten Tagen wetterbestimmende Hoch Stefan wird morgen Freitag schwächer, zeichnet sich aber noch für unser Wetter verantwortlich und bringt recht sonnige und tagsüber warme Verhältnisse. Danach stellt sich am Wochenende im Vorfeld eines Troges über Südwesteuropa eine unbeständige und gelegentlich nasse Südwestlage ein. In der nächsten Woche liegt der Trog dann genau über Mitteleuropa, es ist wechselhaft und immer wieder nass.

Abb. 4: Mitte kommender Woche: Mit Trog über Mitteleuropa sehr unbeständig
Keine Spur von Altweibersommerwetter also. Stabileres Wetter ist frühestens zu Beginn des Oktobers möglich, allerdings sind sich die Wettermodelle da gar nicht einig. Auf jeden Fall verzögert sich aber der Altweibersommer dieses Jahr...
Woher stammt eigentlich der Name Altweibersommer?
In den oft klaren Nächten gehen die Temperaturen wie bereits erwähnt während der Altweibersommerzeit deutlich zurück. Dies hat zur Folge, dass sich vielfach Tau bildet. Setzen sich die Tautröpfchen nun an herumfliegenden Spinnfäden ab, sind diese gut zu sehen und glitzern im Licht wie langes, silbergraues Haar. Das Knüpfen von Spinnweben wurde dabei im Althochdeutsch "weiben" (heute weben) bezeichnet. Zudem ist der Begriff "alt" in diesem Zusammenhang als "spät" zu verstehen. Die Bezeichnung Altweibersommer ist schon seit etwa 1800 verbreitet und stellt folglich keine Diskriminierung gegenüber älteren Frauen dar (eine entsprechende Klage wurde 1989 von einem Gericht in Deutschland zurückgewiesen), sondern ist lediglich die Bezeichnung für "späten Sommer".

Abb. 5: Wahrscheinliche Namensgeber für den Altweibersommer: Spinnennetze mit Tautropfen