Typischerweise wird Mitte September in der Arktis jeweils die geringste Meereisausdehnung erreicht, in der Antarktis hingegen die grösste. Diese Zeit eignet sich also besonders gut, um eine Bilanz des vergangenen Nordsommers, resp. Südwinters zu ziehen.
Sommerbilanz des arktischen Meereises
Die minimale Meereisausdehnung in der Arktis betrug am 15. September rund 4.33 Millionen km², dies entspricht Platz 7 der geringsten Ausdehnungsflächen seit der detaillierten Datenerfassung ab 1979. Noch geringere Meereisflächen wurden allesamt nach 2007 gemessen (Rekordjahr 2012 mit 3.27 Millionen km²). Verglichen mit den Vorjahren verlief die Eisschmelze in der Ostarktis relativ langsam. Experten erklären sich dies mit den oftmals vorherrschenden Tiefdrucksystemen über dem russischen Teil der Arktis, welche zu einem überdurchschnittlichen Eisdrift von den arktischen Zentralregionen in die Ostarktis bewirkte. Gestützt wird dieser Erklärungsansatz auch von der Tatsache, dass das Meereis in dieser Region eine vergleichsweise höhere Eisdicke aufweist.

Abb. 1: Meereiskonzentration in der Arktis verglichen mit der Norm; Quelle: Meereisportal
Noch nie so wenig Meereis im antarktischen Winter
Im Februar dieses Jahres wurde mit etwa 2 Millionen km² die bis dahin geringste Meereisausdehnung in der Antarktis verzeichnet (vergleiche hierzu auch diesen Blog). Im darauffolgenden Südherbst und -winter konnte dieses Defizit nie ausgeglichen werden. Mehr noch, die Abweichung zur Norm oder dem bisherigen Negativrekord wurde in den vergangenen Monaten immer grösser, seit Mai wurden so in jedem Monat neue Rekorde aufgestellt. Zum Höhepunkt der Meereisausdehnung Anfang September wurde eine maximale Eisfläche von 17.16 Millionen km² verzeichnet. Das bisherige Rekordminimum wurde dabei um 880'000 km² unterschritten – mehr als die kombinierte Fläche von Spanien und Deutschland. Besonders gross ist das Defizit der Meereisbedeckung im Weddellmeer, der Kosmonauten See und dem Rossmeer.
Noch fast eindrücklicher als die absoluten Zahlen präsentieren sich die Anomalien, also die Differenz zu den Durchschnittswerten. Als Durchschnitt wird in diesem Zusammenhang oftmals die Zeitperiode 1981 bis 2010 verwendet. Auch wenn sich die negative Abweichung in den vergangenen Wochen etwas abgeschwächt hat, veranschaulicht die nachfolgende Grafik das laufende Jahr als extremen Ausreisser nach unten.

Abb. 3: Abweichung der Meereisausdehnung in der Antarktis verglichen mit dem Durchschnitt der Jahre 1981-2010; Quelle: Zach Labe
Globale Meereisausdehung
Bei der kombinierten Meereisausdehnung erreichen wir typischerweise Mitte November die grösste Ausdehnung. Dies kommt daher, dass in der Arktis die Meereisfläche zunächst noch rascher zunimmt als sie in der Antarktis schmilzt. Ab Mitte November beginnt dann die eigentliche Schmelzsaison auf der Südhalbkugel. Da die Antarktis deutlich grössere Eisflächen aufweist als ihr nördliches Gegenstück, kann der Eisflächengewinn auf der Nordhalbkugel den Rückgang im Süden nicht mehr kompensieren. Die Momentaufnahme verspricht aber auch in dieser Hinsicht nicht viel Positives. Derzeit erreichen die kombinierten Meereisflächen rund 21.3 Millionen km² und damit rund 4 Millionen km² weniger als im langjährigen Schnitt (rund das Doppelte der Fläche von Grönland).

Abb. 4: Globale Meereisausdehnung im Vergleich mit den Vorjahren; Quelle: Zach Labe
Aufgrund des aktuellen Trends ist nicht davon auszugehen, dass sich dieses Defizit rasch abbauen wird. Es wird wohl schon bald von neuen Rekorden zu hören sein.