Aktuell herrscht hoher Luftdruck über Island und tiefer Luftdruck über den Azoren, also eine gegenüber der Normalität umgekehrte Situation. Die Folge ist eine blockierte Wetterlage, die den Weg für kalte Luft aus dem Norden frei macht und ab Freitag auch bei uns für zunehmend winterliches und kaltes Wetter sorgt.
Blockierte Wetterlage sorgt für Spannung!
Während klassischerweise in dieser Jahreszeit Tiefdruckgebiete von Südgrönland bis nach Skandinavien ziehen und in einer ozeanischen Westströmung mehr oder weniger aktive Störungen über den Britischen Inseln und Nordeuropa mit sich führen, hat sich die Wetterlage seit Ende November umgekehrt. Derzeit hat sich nämlich hoher Luftdruck in Grönland und Island etabliert und wird dort wahrscheinlich auch länger bleiben. In der Folge sinkt immer kältere Polarluft über Skandinavien bis nach Mitteleuropa ab.
NAO-Index zur Beurteilung der Zirkulationsverhältnisse in Europa
Das Zirkulationsmuster der Atmosphäre im Nordatlantik wird insbesondere durch den sog. "NAO-Index (North-Atlantic-Oscillation-Index)" beurteilt. Die nordatlantische Oszillation beschreibt dabei den Druckunterschied zwischen Island (Reykjavik) und den Azoren (Ponta Delgada) auf dem Atlantik. Je nachdem, ob die Differenz positiv oder negativ ist, lassen sich Aussagen über die Stärke der Westwinddrift, also der westlichen Strömung über dem Ostatlantik, machen.
Ist der Luftdruckgegensatz zwischen den Azoren im Süden und Island im Norden durch einen unterdurchschnittlichen Druck über Island und einen überdurchschnittlichen Druck über den Azoren grösser als im Mittel, so spricht man von einem positiven NAO-Index. In diesem Fall kann sich etwa zwischen 40° und 60° nördliche Breite eine starke westliche Strömung ausbilden, die im Winterhalbjahr häufig mit Winterstürmen verbunden ist.
Abb. 1: Situation bei einem positiven NAO-Index
Aktuell stark negativer NAO-Index
Bei einem negativen NAO-Index ist der Druckgegensatz zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch deutlich abgeschwächt.
Abb. 2: Situation bei einem schwach negativen NAO-Index
Bei einem negativen NAO-Index kommt die Westwinddrift im nördlichen Atlantik zum Erliegen. Gleichzeitig erhält Südeuropa normalerweise bei eher milden Temperaturen viel Niederschlag, während es Skandinavien eher trocken und kalt ist. In Mitteleuropa bildet sich oft eine Luftmassengrenze aus.
Aktuell haben sich die Druckgebilde sogar stark umgedreht, sodass sich über Island ein Hochdruckgebiet und über den Azoren ein Tief befindet.
Abb. 3: Isobarenkarte für heute Mittag: Island: 1035-1040 hPa, Azoren um 1000 hPa
Man spricht bei einer solchen Situation auch von einer High-over-Low-Lage oder Blockierungslage. Dies ist eine ungewöhnliche Lage, welche meist nur im Winter und dabei insbesondere im Januar und Februar auftritt. Für Dezember ist eine solche Lage sogar ausserordentlich selten. Wie auch aktuell liegt dabei oft ein Tief im Südwesten Europas oder über der Biskaya, das in einer sehr südlichen Zugbahn über den Mittelmeerraum weiterzieht. In der Folge kann dann aus Norden polare Kälte in den zentraleren europäischen Raum dringen, was am kommenden Sonntag geschieht. Zuvor fällt der erste Schnee dieses Winters, der durch Staueffekte vor allem am Alpennordhang auch etwas kräftiger sein kann.
Wie geht es weiter?
In der kommenden Woche verringern sich die Luftdruckunterschiede zwischen Island und den Azoren zunehmend. Die Zugrichtung der sich weiterhin sehr südlich befindenden atlantischen Tiefs ist dabei aber sehr unsicher, der Alpenraum dürfte sich in der Nähe einer Luftmassengrenze befinden. Ob es dabei die mildere Luft gegen Mitte der kommenden Woche bis zu uns schafft, ist unklar, aber durchaus möglich. Möglicherweise ist dies aber auch nur vorübergehend der Fall, gewisse Wettermodelle modellieren mit einem Mittelmeertief gegen das Wochenende hin neuen Schnee. Auf jeden Fall bleibt es spannend, MeteoNews hält Sie auf dem Laufenden.